Dissociated Press

Der Zyklus Dissociated Press vereint verschiedene Herangehensweisen an das Prinzip Remix, sowohl auf der Ebene der Sprache als auch der Musik. ›Dissociated Press‹ – als Wortspiel angelehnt an ›Associated Press‹ – benennt einen Algorithmus zur automatischen Generierung von Texten auf der Basis bekannter Sprachmuster und Wortschätze. Für das Stück Dissociated Press – Final habe ich über das Internet ein solches Textkonvolut erstellen lassen. Die sprachlichen Elemente sind zwar bekannt, ergeben jedoch im Zusammenhang keinen übergeordneten Sinn. Semantische Passagen blitzen nur kurzzeitig und eher zufällig auf, z.B. wenn sich der Text scheinbar auf Themen wie Computersoftware oder elektronische Clubszene bezieht. Für die Musik diente der Song Blinded by The Lights der britischen Rap-Gruppe The Streets als eigentliche Klangquelle. Tonhöhen und Rhythmen des Tracks wurden mit dem Computer analysiert und das abstrakte Ergebnis wiederum für Ensemble transkribiert. Im Verlauf wird der gewonnene Klangvorrat neu zusammengesetzt und analog zu den Textbausteinen in kurzen Sequenzen abgerufen. Das Ergebnis ist eine Remix-Form, in der die üblichen Wahrnehmungsebenen von Vertrautem und Erfundenem nicht klar definiert sind. Das finale Ensemblestück Dissociated Press ist zugleich Endpunkt und Ursprung der Werkreihe. In den vorangehenden Stücken werden jeweils einzelne Aspekte des endgültigen Materials aufgegriffen und auf charakteristische Weise verarbeitet. Kein Stück gleicht dem anderen.

Leopold Hurt

The Dissociated Press Cycle (2017-22) 64’
für Ensemble und Zuspielungen
Fassung für Ultraschall Berlin

INTERPRETEN
Decoder Ensemble:
Heinrich Horwitz, Stimme
Carola Schaal, Klarinette
Sonja Lena Schmid, Violoncello
Leopold Hurt, E-Zither
Andrej Koroliov, Klavier
Jonathan Shapiro, Schlagzeug
Alexander Schubert, Sound-Design


Konzertmitschnitt:
https://ultraschallberlin.de/konzert/2023-01-21-decoder-ensemble/

© Fotos Daniel Dittus

FLIPPER

„Repeat, Repeat – until it is in your Bones.” (So Mayer)

Es gibt einen Teil im Gehirn von Delfinen, den Menschen nicht haben – dieser Teil verarbeitet ausschließlich Emotionen. Diesem hochentwickelten emotionalen System wollen wir in »Flipper« nachspüren. In einem 24-stündigen Happening wollen wir uns in andere Formen verwandeln und andere Zeitempfindungen herstellen. Was würde passieren, wenn wir in der Lage wären, unsere lineare Erfahrung von Zeit und Raum in einen 5-dimensionalen Strudel zu transformieren?
Und was, wenn dieser Wirbel und diese Welt von einem neuen Organismus voller Emotionalität, genannt »Flipper«, erschaffen und belebt werden? Da gibt es schwarze Löcher, neue Übergänge, Geister und Nervensysteme. FLIPPER erschafft ein riesiges Universum, eine seltsame, morphende Zeithülle und die Transformation unserer Verbundenheit. Wir laden zu diesem transzendenten Rausch ein, in dem sich alle in diesem Strudel neu erfinden.
Was wäre, wenn wir einen Blick, den wir auf der Haut spüren, in eine Berührung verwandelten? Welche Formen der Berührung gibt es, in denen Haut keine Rolle spielt? Wie wäre es, viele Körper in verschiedenen Zeitzonen gleichzeitig zu berühren? Wie kann Berührung zur Kommunikation werden? Wie werden wir durch das Wetter, durch die Wellen, durch hormonelle Verstärkungen, durch den Tod berührt?
FLIPPER ist umgeben von der Nacht, dem Meer und dem Universum. Die verbundenen Körper werden zu Prozessen, die sich die Straßen einverleiben. Wir spucken ins Universum, wir spucken auf die Straßen, wir shapeshiften in die Architektur, wir werden zu den Hormonen in unserem Trinkwasser und zu unserer eigenen Zukunft.

Flipperverse :
18:00 Check In / Worldbuilding
20:00 Universe
21:00 Climax / Collapse of the Universe
23:00 Food / Assimilation
0:00 GHOSTs / INK
3:00 Trance / INK
5:00 3rd Pill / Revenges of Nymph
7:00 Frequencies of Dreams
KEIN EINLASS
10:00 Promenade / Repeat repeat until its in your Bones
11:00 Futureself / INK
13:00 Backwards Burning / INK
14:00 Trance Crying Ritual / INK
15:00 Wetness Ritual / Creating the Ocean
17:00 Bleed out
Konzipiert von Heinrich Horwitz und einem fluiden Kollektiv bestehend aus Rosa Wernecke, Magdalena Emmerig, Annett Hardegen und unterschiedlichsten Performer*innen. Die Gruppe arbeitet in unterschiedlichen Konstellationen seit 2016 zusammen und beschäftigt sich mit der Idee den Theaterraum als utopische Praxis ständig neu zu transformieren.

mit
Dani Brown, Jchj V. Dussel, Magdalena Emmerig, Frida Giulia Franceschini, Toni Giesler, Annett Hardegen, Heinrich Horwitz, Kinga Ötvös, Katharina Pelosi, Anahí Pérez, Valerie Renay, Maria Walser, Rosa Wernecke, Allessa Bollack

Eine Produktion von Heinrich Horwitz in Kooperation mit dem Ballhaus Ost. Gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR.
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Neustart Kultur

DRAG & DRUM

Horwitz|Shapiro|Wagner untersuchen, umschreiben und transformieren jüdische und queere Rituale und lassen zwischen Tanzmusik und zeitgenössischen Sounds einen Klangraum für den Drag der Religion entstehen. Traditionen und Geschichten verorten sie als künstlerische Praxis und schreiben mit der politischen Verantwortung der Marginalisierung als queere, jüdische Künstler:innen an einer Herstory der eigenen Geschichte.

Theatermacher*in Heinrich Horwitz und Drummer Jonathan Shapiro experimentieren seit 2018 in wechselnden Konstellationen und Genres gemeinsam an den Schnittstellen Musik, Performance, Tanz und Sprache. Nach »DREAMS*« (Nürnberg 2022) ist »Drag & Drum« am Ballhaus Ost ihre zweite gemeinsame Arbeit mit dem Performer, Opernsänger, Songwriter und der Drag-Queen Shlomi Moto Wagner aka. Mazy Mazeltov.

Sprache: englisch mit ein bisschen hebräisch

Konzept, Performance:
Heinrich Horwitz, Jonathan Shapiro, Shlomi Moto Wagner

Musik:
Jonathan Shapiro, Shlomi Moto Wagner

Choreografie:
Heinrich Horwitz

Licht:
Rosa Wernecke

Klangregie:
Fine Freiberg

Assistenz:
Lina Gasenzer

Dokumentation
Lara Rodriguez Cruz

Eine Produktion von Shapiro/Horwitz, gefördert von Kulturfunke*. Wiederaufnahme gefördert von Neustart Kultur / Wiederaufnahmeförderung des Fonds Darstellende Künste.

Mit größter Unterstützung des Ballhaus Osts Berlin
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Neustart Kultur

Tabori Preis 2023

Heinrich Horwitz inszeniert mit einem fluiden Kollektiv künstlerische Reflektionen vom nonbinären Sein und der gesellschaftlichen Rolle von Gender und Geschlecht. Sowohl als Regisseur*in wie Performer*in und Choreograf*in – zeitweise alles in einer Produktion – verqueert Heinrich Horwitz Erzählungen, schreibt „Herstories“ anstelle von einer his-story und gestaltet utopische Szenarien, für die Mythen und Traditionen immer wieder den Ausgangspunkt bilden. So wird die Figur der Amazone in „Glauben Sie unbedingt, dass ich eine Amazone bin“ (2020) auf ihre queer-feministische Aktualität hin befragt und in dem aktivistisch-zeremoniellen Umzug „Amazon Rising“ (2021 und 2022) – – durch Berlin Mitte – – in ein Heute transferiert, um sie als Cyberfeministin wieder auferstehen zu lassen. Geschichte und Tradition auf und mit Queerness zu befragen, steht auch bei „DRAG and DRUM” im Fokus. Queerness wird jüdischen Ritualen gegenübergestellt, mit dem Resultat, dass die künstlerische Hinterfragung und die Neuorientierung von gesellschaftlichen Ansichten und Strukturen eine ebenso lustvolle wie herausfordernde Grundlage für Vielfalt und Gleichberechtigung bilden.
Heinrich Horwitz‘ Performances wohnt der Wunsch nach einer Gemeinschaft inne, die Vielfältigkeit feiert und Dissens überwindet. Der Verbindung von Performance, Tanz, Musik mit Aktivismus und gelebten Erfahrungen gelingt es, aus einer marginalisierten Perspektive überraschende, bildstarke Kunst zu kreieren, die bisweilen Formen sprengt und ebenso herausragend, wie singulär in der Szene ist.
Die Fachjury des Fonds Darstellende Künste vergibt die Tabori Auszeichnung 2023, dotiert mit 15.000 Euro, an Heinrich Horwitz.

Fotos © Dorothea Tuch

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